2009
Die Tuareg im Norden Malis sind prinzipiell endogam. Sie heiraten nicht nur innerhalb des eigenen Stammes und innerhalb ihrer eigenen Schicht (Noble, Vasallen etc.), sondern auch innerhalb der eigenen Familie im engeren Sinne. Die Endogamie dient nicht nur als Schutz vor fremden Genen, sondern dient vor allem dazu, den Besitz der Familie zusammenzuhalten; im Falle der Tuareg also meist die Herden. Die Kinder werden nicht nach ihren Vorlieben gefragt, sondern im Kindesalter (vor der Pubertät) versprochen und früh meist mit Cousins oder Cousinen ersten Grades verheiratet. Viele leben anschließend im campement des engeren Familienverbundes, beim Onkel oder Vater des Ehemannes, zwar im eigenen Zelt, aber das Sagen haben die Alten.
Die Eheschließung selbst (mariage religieux) ist einfach. Die Eltern oder ein Onkel verhandeln den Brautpreis, er liegt in der Regel „zwischen zwei und fünf Rinder“ (ein Rind kostet knapp 250 EUR). Mann und Frau bringen ihr Hab und Gut in den gemeinsamen Haushalt ein, die Frau meist das Zelt und eigenes Vieh.
Die frühen und arrangierten ersten Ehen scheitern häufig. Will eine Tuaregfrau sich scheiden lassen, kehrt sie mit ihrer Habe ins campement ihrer Familie zurück. „In aller Regel sagt der Mann: ’Verlass mich und nimm mit, was du mitnehmen willst.’ Die Frau nimmt das Zelt mit und alles, was darin ist.“ Geschiedene Frauen haben bei den Tuareg kein Problem mit ihrem sozialen Status. Im Gegenteil: Drei Monate nach der Trennung geben die Freundinnen der geschiedenen Frau ein kleines Fest.
„Die Kinder gehören dem Mann. Kein anderer Mann soll seine Kinder groß ziehen. Wenn er seine Kinder bei der Mutter lässt, dann tut er das aus Respekt vor der Frau.“ Männer können ihrer Frau untersagen, die Kinder mitzunehmen, selbst Kleinkinder, die noch gestillt werden.
„Polygamie ist für eine Tuareg-Frau nicht hinnehmbar. Geht der Mann zu einer anderen Frau, ist es besser, sich zu trennen. Auch die Familie der Frau würde nie akzeptieren, dass der Mann ihrer Tochter eine zweite Frau heiratet. Die Familie würde kommen und die Tochter aus seinem Zelt holen.“
Alle Zitate stammen aus Gesprächen mit Rabi Walet Hadé (vgl. auch Blog „Bei Tin Telout“ vom 9. Dezember 2008).
Ehe und Scheidung
26. Juli 2009